Im Dezember letzten Jahres wurden erste Schwerpunkte veröffentlicht, nach Abschluss der Detailverhandlungen präsentieren ÖVP und SPÖ nun Entwürfe für umfangreiche Novellierungen des Raumordnungs- und Baugesetzes sowie eines neuen Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetzes. Die Beschlussfassungen im Landtag sind für die Sitzung am 26. April geplant.

„Mit dem neuen Gesetzespaket sagen wir ausuferndem Bodenverbrauch den Kampf an. Gleichzeitig erhöhen wir damit die Verfügbarkeit von leistbarem Wohnraum, verbessern die Versorgungssicherheit mit regionalen Lebensmitteln und tragen effektiv zum nachhaltigen Klimaschutz bei“, so SP-Klubobmann Hannes Schwarz und VP-Klubobfrau Barbara Riener zu den Hauptzielen der Reform.

Effektive Werkzeuge gegen Bodenverbrauch und Klimawandel

Besonderes Augenmerk legten die Regierungsfraktionen auf die Reduktion von Bodenverbrauch und -versiegelung. Dazu trägt insbesondere das Instrument der Baulandmobilisierung bei:

  • Grundstücke sollen ihrer widmungsgemäßen Nutzung zugeführt werden – so soll schon gewidmetes Bauland auch tatsächlich bebaut werden, bevor man neue Flächen als Bauland ausweist.
    Um das zu gewährleisten, haben Gemeinden die Möglichkeit, entweder eine Bebauungsfrist von fünf Jahren oder privatwirtschaftliche Maßnahmen (Optionsvertrag) vorzusehen. Erfolgt innerhalb von 5 Jahren keine Bebauung, wird ab 1.000 m2 verpflichtend eine Raumordnungsabgabe in Höhe von 2 % des durchschnittlichen Grundstückspreises pro m2 und Jahr fällig. Alternativ kann auch eine entschädigungslose Rückwidmung in Freiland erfolgen.
    Von dieser Regelung ausgenommen sind lediglich bereits vor Inkrafttreten der Novelle als Bauland gewidmete Grundstücke im Grüngürtel oder ökologisch wichtigen Zonen und in der Nähe von Tierhaltungsbetrieben. Eigenbewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen, die unmittelbar an die Hoflage angrenzen, haben die Abgabe erst bei einem allfälligen Verkauf des Baulandes zu leisten.
  • Die Novelle sieht auch die Möglichkeit der Ausweisung von Vorbehaltsflächen für den kommunalen – zusätzlich zur bisher schon möglichen Ausweisung für den gemeinnützigen – Geschoßwohnbau oder zur ausschließlichen Errichtung von Hauptwohnsitzen vor.
  • Handelsbetriebe werden zu einer flächensparenden Bebauung animiert:
    Neubauten ab 400 m2 müssen zumindest zweigeschossig errichtet werden.
    Bei Betriebsgrößen bis zu 800 m2 dürfen Parkplatzflächen max. die Größe der Verkaufsfläche aufweisen. Über 800m2 Verkaufsflächen müssen die Abstellplätze für Kraftfahrzeuge in einer weiteren Geschossfläche (Tiefgarage oder Parkdeck) ausgeführt werden.

Erhalt der heimischen Landwirtschaft und Sicherung der Versorgung mit regionalen Lebensmitteln

Der heimischen Landwirtschaft ihre Grundlage zu erhalten und damit auch die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln zu sichern, ist wesentliches Ziel der Novelle.

  • Um die Rechtssicherheit zu erhöhen und lange, teure Verfahren zu vermeiden, werden die Bestimmungen hinsichtlich Tierhaltungsbetrieben im ROG und BauG gleichgeschaltet.
  • Mit einer einheitlichen Berechnungsgrundlage und der Darstellung als „von Geruch von landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieben betroffene Bereiche“ in der Flächenwidmung soll Nutzungskonflikten zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und der Wohnbevölkerung von vornherein entgegengewirkt werden. Eine nachträgliche Beschwerde ist nur mehr unter besonderen Voraussetzungen möglich. Werden in einem Stall mindestens 10 Jahre lang keine Tiere gehalten, wird dieser in der Geruchsberechnung nicht mehr berücksichtigt.
  • Mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein Sachprogramm „Erneuerbare Energie“ wird gewährleistet, dass nachhaltige Energiegewinnung unter Bedachtnahme auf wertvolle landwirtschaftliche oder fruchtbare Böden erfolgen kann.
  • Gemeinden müssen künftig ein kommunales Energiekonzept erlassen.

Schaffung von leistbarem Wohnraum und Entlastung von Gemeinden

Vor allem in Tourismusregionen ist die Problematik bekannt: Durch den Boom von Ferien- und Zweitwohnungen ist Wohnraum für Einheimische entweder nur stark verteuert oder überhaupt nicht verfügbar. Gemeinden haben hohe Infrastrukturkosten zu stemmen, sehen dafür aber keine Einnahmen. Einer der wichtigsten Bestandteile des Verhandlungspaketes ist daher die Einführung eines Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetzes.
Damit wird Missverhältnissen zwischen Leerständen und Neubauten, aber auch der Verwaisung von Ortskernen und der Abwanderung entgegengewirkt. Tourismusregionen sollen gleichzeitig Wohn- und Erholungsgebiete bleiben und nicht zu Ausverkaufsregionen verkommen.

  • Gemeinden haben künftig die Möglichkeit, eine Abgabe auf Wohnungsleerstände und Zweitwohnsitze einzuheben und so auf die oben beschriebenen Herausforderungen effektiv reagieren zu können. Bestehender Wohnraum kann so wieder verfügbar und vor allem leistbar gemacht werden.
  • Im Bebauungsplan kann die touristische Nutzung für einzelne Gemeindegebiete künftig ausgeschlossen werden.
  • Gemeinden können Vorbehaltsflächen für die Errichtung von Hauptwohnsitzen sowie für den kommunalen und geförderten Geschosswohnbau vorsehen.
  • In der heiklen Frage der Nutzung von Zweitwohnsitzen gibt es eine Beweislastumkehr: Künftig muss der/die Wohnungseigentümer:in den Beweis erbringen, dass er/sie diese nicht als Zweitwohnsitz nutzt. Damit wird die Tarnung von Zweitwohnsitzen als touristische Vermietung vereitelt und eine ausufernde Immobilien-Spekulation erschwert.

Ausnahmen: Dienstwohnungen, nachweislich unvermietbare oder durch Pflegeaufenthalt leerstehende Wohnungen und Vorsorge für Kinder.

„Mit den neuen Regelungen haben wir die richtigen Antworten auf aktuelle Herausforderungen. Wir schaffen damit die Grundlage für eine zeitgemäße Bau- und Raumordnung“, so die Gemeindesprecher der Regierungsfraktionen Erwin Dirnberger (ÖVP) und Wolfgang Dolesch (SPÖ)  .